Schalterdienst für Perkussionisten

Zu den eher suboptimalen Facetten des menschlichen Potenzials gehört die Fähigkeit, manchmal aus sehr viel sehr wenig zu machen. Und so möchte ich heute etwas zeigen, bei dem genau das Umgekehrte geschieht.

Bei dem folgenden Nocturne von Mátyás Wettl lässt sich hören und sehen, wie aus sehr wenig sehr viel gemacht werden kann. Als Musikinstrumente stehen 16 Lichtschalter zur Verfügung. Die musikalischen Ausdrucksmöglichkeiten beschränken sich darauf, durch das beim Betätigen der Schalter entstehende Geräusch rhythmische Muster zu erzeugen. Da diese Schalter ihre musikalische Tätigkeit gleichsam als Hobby betreiben und gleichzeitig eben auch ihrem Hauptberuf nachgehen, der darin besteht, Stromkreise zu schließen bzw. zu unterbrechen und dadurch Lampen ein- und auszuschalten, entsteht auch ein optisches Muster.


Nocturne
Mátyás Wettl

Slagwerk Den Haag • Niels Meliefste, Ryoko Imai, Fedor Teunisse, Frank Wienk

Titelbild © Random Randomsen

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24 Gedanken zu “Schalterdienst für Perkussionisten

  1. Stefan Kraus sagt:

    Bei deinem Eingangssatz musste ich an einen Herrn P. aus R. denken. Wenn man wollte, könnte man aus diesem originellen und elektrisierenden Musikstück so manche politische Aussage ziehen, vom Er- und Einleuchten über stimmiges Synchronisieren bis hin zum Licht ausknipsen oder Energiesparen. Doch in diesem Fall würde das wohl den Schaltkreis überlasten. „He is interested in making music, first names, and syrup. Not cars. That’s all we need to know.“ lässt sich bei Gaudeamus.nl über Wettl lesen. Konzentrieren wir uns also auf die Kunst und fassen unsere Konzertkritik so zusammen: Klasse!
    Liebe Grüße an dich! 🙂

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    1. Random Randomsen sagt:

      Lieben Dank für deine interessierte und harmonische Resonanz. 🙂
      Zunächst hatte ich mich mit dem Gedanken getragen, mit der Thematik meiner Einleitung und der Symbolik des Stücks etwas ausführlicher zu gedankenspielen. Ich fand es letztlich besser, das einfach offen zu lassen.
      Diese überbordende Beschreibung des Komponisten kannte ich nicht. Aber es ist richtig, auch sie lädt dazu ein, sich auf das spannende Werk zu konzentrieren.
      Mit einem herzlichen Gruß zum zauberreichen Tag 🐻

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  2. gkazakou sagt:

    Sehr eindrucksvoll, spielerisch funkelnd. doch mag ich deinem Eingangssatz, dass hier aus wenig viel gemacht wurde, nicht zustimmen. Sehr viel wurde hier in Anspruch genommen! Mir kam in den Sinn, dass es sich um eine Zirkusvorstellung handelt, bei der man das mächtige mysteriöse Wesen „Elektrizität“, das wir Menschen uns untertan gemacht haben, durch Reifen springen lässt – ein berauschendes Machtgefühl, ähnlich dem Tigersprung in der Manege. Dazu der Traum, irgendwann auch Sonne, Mond und Planeten im selbstbestimmten Rhythmus an- und auszuschalten. .

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    1. Random Randomsen sagt:

      Lieben Dank für deine beeindruckte Resonanz. 🙂
      Gerne folge ich deinen spannenden Gedankengängen, wobei mir diese in gewisser Weise doch auch zu bestätigen scheinen, dass mit recht bescheidenen Ressourcen ganz beeindruckende Assoziationen erweckt werden. 😉
      Mit einem herzlichen Gruß zum zauberreichen Tag 🐻

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  3. PPawlo sagt:

    Mal etwas ganz anderes! Ich hab’s genossen!
    Allerdings auch viel gelacht.
    Maßarbeit. Konzentration. Viel Anstrengung.
    Ich stelle mir das verspielter vor. Mit mehr Freude.
    Aber hier ist eben absolute Genauigkeit Trumpf.
    Und das Ergebnis ist voll spannend! Liebe Abengrüße, Petra

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    1. Random Randomsen sagt:

      Lieben Dank für deine positiv berührte Resonanz. 🙂
      Ja, es ist originell und witzig – aber eben mehr als nur ein Spaß. Und es ist auch dann noch spannend, wenn man nur zuhört.
      Das Stück scheint bei Perkussionisten recht beliebt zu sein. Aber es ist eine Herausforderung und die Aufführung erfordert volle Konzentration.
      Mit einem herzlichen Gruß zum zauberhaften Abend. 🐻

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    1. Random Randomsen sagt:

      Lieben Dank für deine begeisterte Resonanz. 🙂
      Ja, das ist ein originelles Werk – und ganz raffiniert ausgetüftelt. Wie oft einem bei diesem Video ein Licht aufgeht, ist eine Frage, die sich gar nicht so leicht beantworten lässt. 😉
      Mit einem herzlichen Gruß zum zauberhaften Abend 🐻

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  4. Olpo Olponator sagt:

    Gejohlt hätte ich, nachdem der FI gefallen wäre und die Zuschauhörer im Dunkeln sitzen gelassen hätte 😉 … und sonst ?
    Genial.
    Genial einfach, kompliziert die Ausführung – ein verpaßter 16telklick wäre akustisch auffälliger, als ein falsch orchestriertes h statt einem b – außer für Absolutgehörinhaber vielleicht.
    Ab 1:30 wird’s wild, ab 3:20 eigentlich unmöglich – und wunderschön anzusehen, die angespannte Konzentriertheit der Musiker…
    Bei den Proben wäre ich gerne dabeigewesen und die Art der Notation für den Einzelspieler würde mich interessieren.
    … und ich bin sicher, Sie wußten im Vorhinein: mir wird dieses Stück zusagen 😉

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    1. Random Randomsen sagt:

      Lieben Dank für diese begeisterte Resonanz, die mich in der Tat mehr freut als wirklich überrascht. 😀
      Es ist eine echt geniale Komposition. Es ist auch spannend aufgebaut. Denn anfangs wirkt es wie eine originelle Spielerei. Aber zunehmend merkt man, dass diese Art von Schalterdienst wirklich ausgefuchste Perkussionisten verlangt. Jede Ungenauigkeit tritt gnadenlos zutage. Und wer ein einziges Mal zwar rhythmisch präzise klickt, aber dummerweise den falschen Schalter betätigt, bringt die ganze schöne Lampenchoreografie durcheinander, weil ja dann gleich zwei Lampen nicht mehr dem vorgesehenen Muster folgen. Das fällt dann vielleicht nicht augenblicklich auf – aber irgendwann kommt der Punkt, an dem das sehr störend ins Gewicht fällt. In der Tat ist es einer von mehreren Pluspunkten dieses Videos, dass man auch die totale Konzentration der Musiker mitbekommen darf.
      Die Notation würde ich auch gerne sehen. Zwar habe ich eine Seite gefunden, auf der man das Werk als pdf-Datei erwerben kann. Aber es gibt keine Vorschau. Ich stelle mir eine Art Tabulatur vor, bei der die Notenwerte traditionell dargestellt werden, aber statt der Tonhöhe der jeweils zu betätigende Schalter durch eine Zahl oder einen Buchstaben notiert ist. So würde ich es machen. Aber vielleicht hatte der Herr Wettl eine viel bessere Idee…
      Mit einem herzlichen Gruß zum zauberhaften Tag 🐻

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      1. Olpo Olponator sagt:

        Beinahe hätte ich alte Kontakte bemühen wollen, fand dann aber doch eine Beispielversion zum Download, hier die für den 3. Percussionisten (nun, um genau/er zu sein – ich hab die Länge als jpeg zusammengestückelt ;)).
        Wie vorhervermutet und man hier sieht, ist Erfahrung durch nichts zu ersetzen: es gibt Noten und Buchstaben für die Instrumente 😉 (- ergänzt durch Hinweise für die Lampen durch die x-chen ?). Hier endet meine Fähigkeit, Partituren zu entziffern, jedenfalls auf die Schnelle … 😉

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        1. Random Randomsen sagt:

          Ganz herzlichen Dank für diesen aufschlußreichen Einblick. 🙂
          Es ist also sehr praktisch-ökonomisch nach „Schlagzeugmanier“ notiert. Eine Notenlinie für jeden Schalter. Dabei im Prinzip „handelsübliche“ Notation, wobei der klassische Notenkopf offensichtlich „ein“ und das x „aus“ bedeutet. Da hier Wippschalter verwendet werden, lässt sich das – zumindest an den übersichtlicheren Stellen – sogar akustisch nachvollziehen.
          Sehr schön ist hier auch zu sehen, wie einzelne Notenlinien weggelassen werden, wo sie nicht unbedingt gebraucht werden, was durchaus der besseren Lesbarkeit dient.
          Mit einem herzlichen Nachmittagsgruß 🐻

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          1. Olpo Olponator sagt:

            Vielen Dank – jetzt sehe ich es auch: so machen die x-chen Sinn – nämlich für „aus“; ich hab außerdem nicht gleich kapiert, daß die in der 2. Zeile stehenden Noten natürlich für die zweite Hand, den zweiten Schalter sind und nicht weiter gerätselt, mich einfach überraschen lassen wollen … ich glaube, die alljährlich einsetzende Frühjahrsdenkfaulheit macht sich langsam bemerkbar 😉
            Als praktisch veranlagter Mensch würde ich jetzt noch gerne wissen, ob die Qualität der Schalter von Anfang an stimmte bzw wieviele man pro rehearsal verbrauchte … 😉 – leider kenne ich niemanden in NL, dem ich diese Frage direkt stellen könnte.

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            1. Random Randomsen sagt:

              Ja, die Frage nach der Qualität der Schalter erscheint mir sehr berechtigt. Zumal diese ja doch eher resolut betätigt werden. Vielleicht bieten die einschlägigen Hersteller in absehbarer Zeit Schalter mit einem „Nocturne-proof“-Label an. 😉
              Wie ich mich kenne (und da hat man nach einigen Jahrzehnten doch so gewisse elementare Erfahrungswerte) würde ich da durchaus auch auf die Qualität achten. Allerdings ginge es mir dann zuvörderst um die Klangqualität. 😀

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            2. Olpo Olponator sagt:

              Heimlich vermute ich, daß es nicht unwichtig ist, daß getunte Schalter verwendet werden; bei denen man die Rückstellfeder erheblich verstärkte – so könnte die Ansprechzeit, welche die Musiker in ihren Klick-aus-Aktionen einberechnen müssen, vermutlich gegen Null gedrückt werden 😉 …

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            3. Random Randomsen sagt:

              😀
              Vielleicht wäre es ja opportun, eine einschlägige Anleitung anzubieten.
              Titel: Der wohlpräparierte Schalter
              Untertitel: Damit das Nocturne nicht den Bach runter geht
              😉

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            4. Random Randomsen sagt:

              Tricky. Man müsste wohl (oder übel) den Spielraum der Feder dergestalt vergrößern, dass die Frequenz passend niedriger wird. Aber wie, genau, das anzustellen wäre, noch dazu, ohne die schalterische Funktionstüchtigkeit des Teils zu ruinieren… Da würde mir wohl auch eine Anleitung wenig frommen, da ich vielleicht verstünde, was geschrieben steht, aber nicht begriffe, was zu tun sei. 😉

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            5. Olpo Olponator sagt:

              Ich würde einen anderen Weg nehmen als den über die Feder – im Stimmen von Hohlkörpern unterschiedlichster Größe habe ich ein wenig Erfahrung ;-: dünnes Material (Holz) ergibt interessanterweise tiefere Töne, dickes höhere; man könnte also den (Aufbau)Schalter abdrehen (mittels einer Dreh/Drechselbank ist gemeint ;-)) oder mit Material bekleben – je nach Erfordernis.

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            6. Random Randomsen sagt:

              Hier äußert sich der Praktiker – und das klingt für mich auch absolut plausibel. 🌟 Womit wir wieder bei dem Punkt ankommen, dass Erfahrung durch nichts zu ersetzen ist. 😀

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