Um eines gleich klarzustellen: Es geht hier nicht um die Frage, ob überhaupt, und, wenn ja, wie und ab wann, schulische Leistungen zu benoten seien. Zwar halte ich diese Frage für wichtig. Und eine taugliche Antwort darauf halte ich eindeutig für noch wichtiger. Aber das hier ist sozusagen das Echo eines früheren Sternstunde-Beitrags.
Konkret geht es um die Sternstunde mit dem Titel ‚Reinhard Mey • Kleines Mädchen‘. Text und Noten dieses Liedes sind nämlich auf der Website der ‚edition reinhard mey‘ kostenfrei verfügbar. Ebenso wie etwas über 200 andere Lieder von Reinhard Mey. Und das finde ich ganz und gar bemerkenswert und großartig. Nun ist Reinhard Mey ja nicht einer, der mit dem Mainstream schwimmt. Aber dass einer in einem Zeitalter, in dem nahezu jeder Schrott pekuniär verwurstet wird, seine qualitativ hochwertigen Werke frei zur Verfügung stellt, das beeindruckt mich sehr. Die Erklärung dazu ist ebenso einfach wie eindrücklich:
„Ich wünsche mir, daß alle, die meine Lieder spielen wollen, schnellen, unkomplizierten und kostenlosen Zugriff auf die Noten haben.“ Wir folgen Reinhard Meys Wunsch und stellen allen Liederfreunden zu ihrem privaten Vergnügen unser Verlagsrepertoire an dieser Stelle als pdf-Dateien unentgeltlich zur Verfügung.
Ich habe unten drei Ausschnitte aus dem ‚kleinen Mädchen‘ eingefügt, die verdeutlichen, wie toll das Ganze gemacht ist. Da ist zunächst der Text mit Noten und Akkordbezeichnungen. Die Akkorde gibt’s anschließend als Grifftabelle. Einleitung und Zwischenspiel folgen in Tabulatur. Und abschließend gibt’s noch den Text mit Akkordbezeichnungen. Herz, was willst du mehr?
Nachfolgend die Links zu den Noten für Alle und zur Startseite der edition reinhard mey (auf Text bzw. Bild klicken).
Reinhard Mey • Noten für Alle!
Text und Musik • © Reinhard Mey
Titelbild • Johann Sebastian Bach • Brandenburgisches Konzert Nr. 3 (Anfang)
Merci vielmals für den guten Tipp! Eine sehr großzügige Geste von diesem großen, poetischen Wortakrobaten, der uns so viele unvergessliche Chansons geschenkt hat! Er hat übrigens unter dem Namen Frédéric Mey auch auf Französisch gesungen, was mir auch sehr zusagt. Seine Lieder zu singen ( auch auf Deutsch) ist oft eine besondere Herausforderung, weil unglaublich viel Text unterzubringen ist! Aber es lohnt sich definitiv. Ich mag seine Sprache ungemein, leise und zärtlich, aber auch witzig und zuspitzend, heiter und ernst, nie banal. Die Liedersammlung mit Text, Noten, Akkorden, Begleitung und allem was das Herz begehrt, ist eine echte Schatzkiste! 🙂
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Schatzkiste trifft es gleich in mehrfacher Hinsicht. Erstens weil hier ganz offensichtlich Schätze zu finden sind. Und zweitens, weil ihr Urheber ja auch ein Schatz ist, wenn er diese Kostbarkeiten frei zur Verfügung stellt. Es gibt von Reinhard Mey dieses schöne (und freundschaftspreisige) Buch ‚Alle Lieder‘ (ISBN 3-925482-28-8). Ein nahezu 900 Seiten starker Band, qualitativ hochwertig (zerfällt definitiv nicht beim zweiten Anfassen in seine Einzelteile), mit allen deutschen und französischen Texten bis 2013. Ich benutze es gerne als Lesebuch und denke dabei oft: ‚Das ist ein superber Text, aber das kann man doch nicht singen. Das geht doch gar nicht.‘ Doch. Es geht. Aber diese elegant-silbenbefrachteten Bögen verlangen Übung. Und eine clevere Atemtechnik. 🙂
Reinhard Mey stellt an sich selber hohe Ansprüche. Deine Beschreibung seiner Sprache finde ich sehr schön und vor allem absolut zutreffend. Das stellt aber zwangsläufig auch ans Publikum gewisse Ansprüche. Und damit gerät einer gegenüber den Produzenten von ‚musikähnlichem Kunststoff für Hirntote‘ leicht ins Hintertreffen. Wenn einer wie Reinhard Mey während nahezu fünf Jahrzehnten aktiv ist, entfaltet außerdem die dunkle Seite der Macht der Gewohnheit ihre Wirkung. Man nimmt den Künstler zunehmend als eine Art ‚kulturelles Amöblemang‘ wahr, und nicht (mehr) als lebendiges Wesen. Wer diese Lieder selber singt, wird ganz selbstverständlich eine lebendigere und facettenreichere (An-/Ein-)Sicht gewinnen. In diesem Sinne freut es mich sehr, dass dieser Beitrag auf fruchtbaren Boden fällt. Ganz herzlichen Dank für deine positive Resonanz. 🙂
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Von wegen der Poesie 😉 ein ganz kurzes Textbeispiel, vier Zeilen genügen:
Wenn das Licht durch das raschelnde Blätterzelt
In leuchtenden Tupfern ins hohe Gras fällt
Tanzen im Spiel von Dunkel und von Helligkeit
Die Bilder einer lang vergangenen Zeit…
Das ist der Liedanfang von Meys „Sommer“, später erzählt er von Kindheitserinnerungen an ein Fest.
Vielleicht doch noch eine ganze Strophe, weil´s einfach so schön ist: 🙂
Und lauter und lauter das Stimmengewirr
Das Lachen, das Singen, das Gläsergeklirr
Schon rußen die Lampen, der Tag eilt davon
Und lauter und wilder das Akkordeon
Glänzende Gesichter und flackernde Lichter
Und noch einen Tanz und ein randvolles Glas
Einander umfassen, sich mitreißen lassen
Erschöpft niedersinken ins taufeuchte Gras
Hinreißend, oder?
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Das ist wirklich ein hinreißendes Beispiel. Vor allem, weil es nicht nur sehr gewandt und mit liebevollen Details formuliert ist, sondern weil es dabei so echt und lebensnah wirkt. Da hat einer nicht einfach eine romantische Fantasie erdichtet – sondern Erlebtes im Herzen bewahrt und nach gebührender Reifezeit zu Poesie verdichtet.
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Das hat jetzt gerade rein gar nichts mit dem Thema zu tun, schon eher mit deinem Profilbild. Ich lese gerade das Buch `Goethe für Katzen` von Sabine Hübner und amüsiere mich sehr dabei. 🙂
Hier ein kleines Schmankerl (die Auswahl fiel echt schwer):
Es Ist Alles Eitel für Katzen (nach Andreas Gryphius)
Ich seh, wohin ich seh, nur leere Futterschalen.
Was just mir noch geschmeckt, ist plötzlich nicht mehr hier.
Wo itzt ein Schinken liegt, in rosaroter Zier,
erblick ich kurz darauf den Napf, den leeren kahlen.
Was itzt so köstlich riecht, steht bald in den Annalen.
Was itzt so mampft und schmatzt, ist bald ein hungrig Tier.
Und nie auf Dauer wird befriedigt unsre Gier,
ein Kilo Knabberli ist schwuppdiwupp zermahlen.
Der Fleischwurst Herrlichkeit muss wie ein Traum vergehn,
und sollte da im Ernst ein Katzentier bestehn?
Ach! was ist alles dies, was schmackhaft wir so nennen,
Als pure Nichtigkeit? Als Trug und Hirngespinst?
Als wie ein Mäusebein, das du nicht wiederfindst.
Und doch will alles dies die Katze nicht erkennen!
Mit samtpfotigen Grüßen 😉
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Herzlichen Dank für diese schöne Kostprobe. 🙂 Es passt schon in erster Linie zu meinem Profilbild. Aber ich liebe es sehr, wenn nicht immer jede Äußerung auf engstem Raum um ein Thema verzwangsjackt ist. Und ich glaube bestimmt, dass Reinhard Mey durchaus imstande wäre, diesen Text in ein zauberhaftes Lied zu verwandeln. Allerdings vertont er, so weit ich weiß, ausnahmslos eigene Texte. Aber auf jeden Fall ein schöner Beitrag, den ich sehr zu schätzen weiß und mit schnurrenden Grüßen quittiere. 🙂
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Das wusste ich gar nicht, finds aber ziemlich cool 🙂 als Anhänger der creative commons Bewegung (und natürlich open source, auch wenn mich ersteres mehr betrifft) finde ich es sogar sehr cool.
Reinhard Mey ^^ an den hab ich ewig nicht mehr gedacht. Als Kind mochte ich seine Lieder sehr gerne, ich weiß gar nicht mehr, wie oft ich meine Mutter damit zwangsbeglückt habe, mir „in meinem Garten“ vorsingen zu dürfen ^^.
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Reinhard Mey habe ich selber auch erst unlängst (im Zuge eines umfassenden Singer-Songwriter Trips) wieder in mein Bewusstsein gerückt. Sein Werk ist nicht nur umfangreich, sondern auch vielseitig/vielschichtig. Er kann auf witzige Art sehr direkt werden, etwa, wenn er von der Militärband singt, „die tapfer mit Stahlhelm spielt, was sich bei der Sorte Musik auch wirklich sehr empfiehlt.“ Übrigens ist auch sein gepflegtes Handwerk auf der Gitarre nicht zu verachten, wie etwa in dieser Live-Aufnahme schön zu hören ist. https://youtu.be/uxCUt5GNS9g
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Vielleicht hör ich mich da mal wieder ein Bisl rein 🙂
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Gute Idee. Allerdings gibts bei Randomsen immer und immer wieder neue Links zu entdecken. Da kommt man ja sonst zu gar nix mehr… 😉
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Das kannst du laut sagen 😉
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:)))
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Zwei schöne Alternativen zum Thema ‚Mey für Wiedereinsteyger‘ – ein Konzertbesuch
oder die Autobiografie
978-3-404-61610-7
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Merci, schau ich mir mal an 🙂
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Ich finde es sehr sympathisch von Reinhard Mey, seinen Liedersegen so freigiebig zu verschenken.
Wie John Ruskin (1819 – 1900) einst so trefflich bemerkte:
„Der höchste Lohn für unsere Bemühungen ist nicht das, was wir dafür bekommen,
sondern das, was wir dadurch werden.“
In diesem Sinne – ganz herzliche Grüße von Ulrike
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Diese schöne Geste zeugt von einem Reichtum, der sich – von materiellem Ballast unbeschwert – über die $-Kumulus-Wolken in eine grenzenlose Freiheit erhebt. Das treffende Zitat dürfte, denke ich, durchaus auch im Sinn und Geist von Reinhard Mey sein.
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